Schoko, Himbeer-Kokos oder »Spandauer Sonne«?

Im neuen Eisladen »Jan’s Gelateria« in der Adamstraße 13 macht der Inhaber Jan Lutz alles selbst, auch das italienische Eis

Man steht vor der Theke der Eisdiele, schaut auf leckeres Eis in unterschiedlichen Sorten und Farben und kann sich nur schwer entscheiden: Klassiker wie Schoko, Erdbeer und Vanille? Nuss oder Mango? Caramel- oder Tiramisù-Eis? Oder probieren Spandauer Lokalpatrioten doch lieber die Sorten »W-Stadt Kiez«, »Spandau in Love« oder »Spandauer Sonne«? Doch egal, was man schließlich probiert, sicher ist eines: Jan Lutz hat jede einzelne Sorte selbst gemacht. Echtes italienisches Eis.

Im Mai eröffnete »Jan’s Gelateria« in der Adamstraße 13, direkt gegenüber vom Földerichplatz. Vor ihm versuchten sich hier mehrere Geschäftsleute mit unterschiedlichen Konzepten: Obst, Gemüse und polnische Spezialitäten, oder ungarische Fleisch- und Wurstwaren. Sie gaben bald auf, der Laden – in dem sich viele Jahre ein Obst- und Gemüsegeschäft befand – stand wieder leer, fast schien es, als würde irgendein Fluch auf der Adamstraße jenseits des Földerichplatzes liegen, denn mehrere Traditionsgeschäfte schlossen, viele Neuansiedlungen blieben nur kurze Zeit, nur wenige schafften es, sich zu etablieren.
Jan Lutz ist jedenfalls fest entschlossen zu bleiben. Er ist überzeugt von diesem Standort, den er eher zufällig fand, und hat sich ganz bewusst dafür entschieden. Er sah die klaren Vorteile für seine Eisdiele: »Hier gibt es im nahen Umfeld Spielplätze und zwei Grundschulen, hier wohnen viele Familien mit Kindern, gegenüber ist ein schöner Platz mit Bäumen und vielen Bänken. Und: Es gibt keine Konkurrenz.« In der Tat gibt es im näheren Umfeld keinen Eisladen, für richtiges Kugeleis musste man sich schon bis in die Klosterstraße zu Florida-Eis bemühen. – Auch wegen all dieser Argumente hat man sich schon lange gefragt, wann endlich mal jemand auf die Idee kommt, eine Eisdiele in der Adamstraße zu etablieren.

Dann kam Jan Lutz, obwohl ihn einige vor  Spandau gewarnt hatten. Doch der bisherige Erfolg gibt ihm recht, er hat die Entscheidung nicht bereut: »Momentan bin ich Tag und Nacht hier. Der Laden läuft super!«
Jan Lutz ist ein freundlicher, zugewandter junger Mann, dem seine Arbeit hier sichtlich Spaß macht. Dabei macht er alles allein – eben auch das Eis, er mag das Kreative daran. In einer kurzen Verschnaufpause nimmt er sich die Zeit und erzählt. Dass er Italiener ist, merkt man eigentlich nur an seinem Akzent: seinen Namen und das nahezu perfekte Deutsch verdankt er seinem Vater, einem Schweizer.
Dies hier ist – man glaubt es kaum – tatsächlich sein allererster Laden. In Italien war er über zehn Jahre Volleyballtrainer. Doch die Zukunftsaussichten sind für junge Leute in Italien nicht rosig. Ein guter Freund, der selbst seit vielen Jahren Eis macht, empfahl ihm, nach Deutschland zu gehen, schließlich spreche er gut Deutsch.
Vor einem Jahr kam er nach Berlin und nutzte die Zeit gründlich für seine Vorbereitungen. Noch hatte er sich nicht auf Berlin festgelegt, auch andere Städte kamen in Frage. Er arbeitete in unterschiedlichen Eisläden, vor allem in den Innenstadtbezirken, Prenzlauer Berg, Kreuzberg, studierte genau Rahmenbedingungen und Räume: Größe, Lage, Preise. Die Bedingungen für die Gewerbetreibenden gefielen ihm nicht sonderlich: hohe Mieten, viel Konkurrenz, Mietverträge oft nur für ein Jahr, hohe Fluktuation, viel Spekulation, auch alteingesessene Geschäfte müssen wegen ständig steigender Mieten schließen. »Und viele Neugewerbeverträge sind einfach Diebstahl!«, sagt Lutz.
Dann fand er in Spandau eine Wohnung und per Zufall auch den Gewerberaum in der Adamstraße. Hier stimmte für ihn alles: der faire Mietvertrag, das richtige Umfeld, der Platz gegenüber, die Atmosphäre, in der er sich wohlfühlt. Er erklärt es so: »Die Berliner Innenstadt ist irgendwie keine richtige Stadt mehr. Man trifft kaum noch Einwohner, sondern viele Touristen oder Fremde auf der Durchreise – ein halbes Jahr Berlin, dann zieht man weiter. Hier in der Wilhelmstadt ist das anders, hier wohnen noch wirklich Leute. Es gibt Kiezkundschaft, Stammkundschaft, ich freue mich, wenn es etwas persönlicher zugeht, man die Kunden kennt.« Er fand es auch nett, dass sich das Geschäftsstraßenmanagement Wilhelmstadt gleich um den Neuankömmling kümmerte.

Der Laden sieht noch ein wenig karg aus, im Mittelpunkt steht die Eistheke, daneben eine Vitrine mit süßen Desserts wie hausgemachtem Tiramisù. Er hat es geschafft, dass er vor dem Laden zumindest einen kleinen Tisch aufstellen darf. Im Laden selbst ist es eher schwierig, weil er keine Gästetoiletten hat, aber ein, zwei Tische kann er sich auch hier vorstellen. Doch letztlich »wollte ich ja auch kein Eiscafé machen, sondern eben eine Eisdiele, für den Straßenverkauf.« Deshalb ist der grüne Platz gegenüber ja so wichtig. Jan Lutz zeigt auf die Bänke dort und sagt lächelnd: »Da sind die Sitzplätze.« Zum Schluss gönnen wir uns selbst ein Eis. Die »Spandauer Sonne« schmeckt frisch exotisch-fruchtig, das Schokoladeneis ist sehr schokoladig und cremig, perfekt. Dazu ein Sonnenplätzchen auf dem Földerichplatz – und man ist glücklich. Jetzt ist zu hoffen, dass die Wilhelmstädter ihren neuen Kiez-Eisladen wertschätzen und nicht wieder ziehen lassen.

Ulrike Steglich, Wilhelmstädter Magazin Nr. 3, Juni/Juli 2018

Jan’s Gelateria, Adamstraße 13, geöffnet Di–So 12–19 Uhr

Zurück zur Übersicht

Weitere Portraits von Gewerbetreibende

  • s
    Den Menschen als Ganzes sehen

    Karin Kart ist nicht nur Krankenschwester, sondern führt auch eine Naturheilpraxis in der Weißenburger Straße. Nachdem Karin Kart ihrem Gast einen Stuhl und ein Glas Wasser angeboten hat, schaut sie einen an. In Bruchteilen von Sekunden nimmt sie [...]

    Weiter lesen
  • s
    Betty macht Druck – mit Liebe, Kreativität und Folien

    Seit Dezember 2017 betreibt Bettina Gräbnitz ihren Laden in der Weißenburger Straße 20. Es gibt Räume, in denen man sich sofort wohlfühlt. Bettys Geschäft ist so ein Raum. Ein kleiner Laden, schmal und eher langgesteckt, die Wände haben [...]

    Weiter lesen
  • s
    Von Baklava bis zur Hochzeitstorte

    In der Pichelsdorfer Straße 91 betreibt eine syrische Familie eine neue Konditorei. Wie unterschiedlich ein und derselbe Raum duften kann. Noch vor einem Jahr wurde man im Ladengeschäft Pichelsdorfer Straße 91 von einem angenehmen, dezenten Duft umfangen, eine Melange [...]

    Weiter lesen
  • Logo Eight
  • Logo Seven
  • Logo Five
  • Logo Four
  • Logo Three
  • Logo Two
  • Logo One