Gebietsportrait

Das Fördergebiet Spandauer Wilhelmstadt erstreckt sich vom Bahnhof Spandau im Norden bis zur Weverstraße, Grimnitzstraße, Franzstraße und Götelstraße im Süden. Im Osten wird das Gebiet durch das Havelufer und im Westen durch die Klosterstraße, Wilhelmstraße begrenzt. Innerhalb des Fördergebiets Wilhelmstadt leben auf einer Fläche von 104 ha rund 12.000 Einwohner. Die Wilhelmstadt umfasst mehrere, in sich hinsichtlich ihrer Bebauung homogen strukturierte Bereiche. Das Spektrum reicht dabei von Einfamilienhausbebauungen über Siedlungsbauten verschiedener Epochen, Blockbebauung bis hin zu Interimsbauten. Dies erklärt sich aus der Geschichte der Bebauung des Gebietes.

Geschichte

Die Wilhelmstadt ist eine Erweiterung der Stadt Spandau, die sich um 1900 und damit erst relativ spät entwickelt hat. Die gebremste Entwicklung geht auf die Militärgeschichte Spandaus und die daraus resultierenden Beschränkungen zurück. Ihren Namen hat die Wilhelmstadt erst 1897 zum 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I erhalten, zuvor wurde das Gebiet als Potsdamer Vorstadt bezeichnet. Im Bereich der heutigen Wilhelmstadt befindet sich allerdings ein sehr viel älterer Siedlungskern: der Burgwall mit der angrenzenden Siedlung Kietz. Diese Siedlung war im 16. Jahrhundert durch den Festungsbau der Stadt Spandau hierher verlegt worden. Allerdings brannte die Ansiedlung 1813 nahezu vollständig nieder und wurde nicht an Ort und Stelle wieder aufgebaut. An seiner statt wurde Tiefenwerder errichtet. Während die Siedlung Kietz selbst nicht erhalten ist, hat sich aber deren frühere Existenz im Stadtgrundriss durch den Burgwallgraben, die Anlage der Straßen und die Parzellierung in diesem Bereich manifestiert.

spandauer burgwall

Die frühere Bezeichnung als Potsdamer Vorstadt erklärt sich aus der Lage als Stadterweiterungsfläche vor der Befestigungsanlage vor dem Tor der nach Potsdam führenden Ausfallstraße. Zur Zeit der Potsdamer Vorstadt war die Entwicklung auf wenige Stellen, zumeist entlang der sich vor der ursprünglichen Stadt in vier Stränge trennenden Vorortstraße begrenzt. Die heutige Wilhelmstraße führte nach Potsdam. Von ihr gingen die heutige Seeburger Straße, die Pichelsdorfer Straße und die Krowelstraße ab. Letztere führte lediglich zu der früheren Siedlung Kietz.

Als erste Straßenneubauten wurden die Adamstraße sowie die Földerichstraße und die Jägerstraße angelegt. Die beiden letzteren sind an der Schusslinie der Festung orientiert worden, damit die Bebauung möglichen anrückenden Truppen keine Deckung bieten konnte (Rayonvorschrift). Trotz der Projektierung eines das gesamte Gebiet zwischen Wilhelmstraße und Havel in Blöcke aufteilenden Straßenrasters ging die Entwicklung nur langsam voran. Der Grund hierfür lag in den restriktiven Bauvorschriften, die den Erfordernissen des Militärs unterworfen waren. Eine grundlegende Veränderung erfuhr das Gebiet Ende des 19. Jahrhunderts durch die Begradigung der Havel. Ein erheblicher Teil der für die Stadterweiterung projektierten Fläche, die so genannten Götel-Wiesen, wurden durch das neue Flussbett abgetrennt und als Halbinsel zwischen dem Altarm und dem neuen Flussverlauf zu einem Hafen umgenutzt.

Wilhelmstadt Havel

Erst mit der Aufhebung der so bezeichneten Rayonvorschriften im Jahre 1903 setzte eine rege Bautätigkeit in der Wilhelmstadt ein. Im Zuge dieser Entwicklung sind die älteren Bebauungen, zumeist Fachwerkgebäude, nahezu vollständig abgerissen worden. Dies ist der Grund für die insgesamt homogene Struktur der Altbauten in der Wilhelmstadt. Während mit der Spandauer Neustadt im Norden der Altstadt eher ein Arbeiterquartier errichtet wurde, entwickelte sich die Wilhelmstadt zu einem bürgerlich geprägten Stadtteil. Anstelle einer Mietskasernenbebauung entstanden Bauten mit reichlich dekorierten Fassaden und guter Ausstattung. Der erste Weltkrieg markierte das Ende dieser ersten Entwicklungsphase. Nach dem Krieg setzte sich die Bautätigkeit in den südlich gelegenen Blöcken mit einer für die 1920er Jahre typischen Siedlungsbebauung fort. Wurde zuvor jede einzelne Parzelle für sich entwickelt und bebaut, so zeichnet sich diese Bebauungsphase durch die einheitlich beplanten Gebäudekomplexe über große Blockteile oder ganze Blöcke aus. Unter ihnen befinden sich einige architektonisch sehr ambitionierte Bauten, wie die denkmalgeschützte Wohnanlage Adamstraße 29 – 31, die 1925 nach Plänen von Richard Ermisch errichtet wurde. Spandau war ab 1920 keine selbständige Gemeinde mehr, sondern wurde ein Bezirk der neu entstandenen Millionenstadt Groß-Berlin.

Den zweiten Weltkrieg hat die Wilhelmstadt, verglichen mit anderen Bereichen Spandaus, mit eher geringen Schäden überstanden. Als Ziele für die Bomberflotten gerieten die Industrieflächen und auch die daran angrenzenden Arbeiterquartiere ins Visier und die Stoßrichtung der russischen Truppen zielte auf den Bereich der Zitadelle ab. Trotzdem gab es auch in der Wilhelmstadt größere Zerstörungen, so wurde beispielsweise das Straßenbahndepot an der Pichelsdorfer Straße stark zerstört und letztlich Anfang der 1960er Jahre abgerissen.

Traube Wilhelmstadt Laden

Die Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg ist in der Regel auf einzelne Bauten als Lückenschließung beschränkt. Davon ausgenommen sind die Bauten im Bereich der Pichelsdorfer Straße auf Höhe der Weverstraße, die auf dem Gelände des früheren Straßenbahndepots errichtet wurden sowie große Teile der Blöcke zwischen Klosterstraße und Havelufer. Einen wesentlichen Eingriff stellte die Neuanlage der Ruhlebener Straße dar, die in Verlängerung des Brunsbütteler Damms den von Charlottenburg kommenden Verkehr südlich der Altstadt anbindet. Entsprechend autogerecht stellt sich der Kreuzungsbereich heute dar. Die ursprüngliche Bebauung im Bereich der Gabelung der Wilhelmstraße und der Seeburger Straße wurde für die bewusst als Landmarke errichtet Hochhausbebauung abgerissen. Dem gesamten Bereich fehlt heute der Charakter einer innerstädtischen Straße. Weitere wichtige Neubauten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind Bauten der öffentlichen Hand, wie die Bertolt-Brecht-Schule, die Kindertagesstätte an der Melanchthonstraße, die Senioreneinrichtung an der Weverstraße und die Feuerwache an der Götelstraße.