Der Deutsch-Libanese Mohammed Aziz verkauft in seiner Duftmanufaktur ›Le Parfum‹ in der Pichelsdorfer Straße 146 Räucherstäbchen, Naturschwämme, Seifen, Essenzen und selbst gemischte Parfums.
Er mischt für seine Kunden herkömmliche Düfte nach oder kreiert auf Wunsch persönliche Noten.
»Wir machen deinen Duft – nur zehn Euro« steht auf dem kleinen Aufsteller der »Le Parfum Duftmanufaktur Berlin«, einem schmalen Laden mit 5-Milliliter-Flakons und Räucherstäbchen im Schaufenster. Eigentümer Mohammed Aziz kommt hinter der selbstgebauten hölzernen Ladentheke hervor, nimmt paar Essenzen von den kleinen schwarzen Wandregalen und baut sie vor dem Laden in der Sonne auf einem kleinen Tischchen auf. »Das hier zum Beispiel ist Moschus, die Grundlage der meisten Parfums«, sagt er und reicht das Fünf-Milliliter-Fläschchen zum Riechen rüber. »Das verkauft sich bei uns sehr gut.«
Mohammed Aziz redet von seinem Geschäft immer in der Wir-Form, dabei hat er bislang noch keine Angestellten und ist selbst Großhändler, Inhaber, Geschäftsführer und Verkäufer in einem. Seit Mitte Mai des letzten Jahres kreiert der dreißigjährige Deutsch-Libanese in seinem kleinen Laden in der Pichelsdorfer Straße auf Kundenwunsch Parfums und verkauft Räucherstäbchen, Essenzen, Lufa-Naturschwämme sowie letzte Lagerbestände der in der arabischen Welt berühmten Aleppo-Seife, einer Olivenseife aus einer mittlerweile zerstörten Seifenmanufaktur im syrischen Aleppo.
Nach der Eröffnung des Ladens im Mai 2011, erzählt er lächelnd, hätten die Menschen auf sein Angebot sehr neugierig reagiert. »Ist ja auch klar. Duftmanufakturen kennt man hier nicht.« In den arabischen Ländern, erzählt er, ist der Beruf des Duftmischers ein etablierter Beruf. Aziz’ Vater kommt aus dem Libanon, er selbst kam bereits mit sechs Monaten nach Deutschland, ist hier aufgewachsen und zur Schule gegangen und mit einer gebürtigen Spandauerin verheiratet.
Bereits als Kind hat er sich mehr für Gerüche interessiert als andere. Mit vierzehn entdeckte er dann seine Leidenschaft für Essenzen: Da hatte sein Vater ihm von einer Reise eine kleine Flasche Adlerholz mitgebracht, eine Duftnote, die im Libanon traditionell in jedem Haushalt zu finden ist und für besondere Gelegenheiten wie zur Begrüßung von Gästen verwendet wird. Anschließend habe er seinen Vater bei jeder Reise gebeten, ihm weitere neue Essenzen mitzubringen, und sich damit autodidaktisch die Grundlagen des Parfumwesens beigebracht. »So lange, bis mein Vater gesagt hat, das wird zu teuer, und ich ihm selber Geld dafür mitgegeben habe.«
Nach seinem Schulabgang nach der zehnten Klasse machte sich Aziz als Großhändler selbstständig und begann, sich intensiver und auch theoretisch mit dem Mischen von Düften auseinanderzusetzen und sich ein großes Netzwerk an internationalen Kontakten zu Parfümerien und Händlern von Essenzen aufzubauen. Zu seinen Vertragspartnern gehören mittlerweile zwei der größten französischen Parfümerien, einer seiner selbst gemischten Düfte ist auch im Einzelhandel erhältlich.
Viele von Aziz’ Kunden sind Flüchtlinge, die die Aleppo-Seife, Lufa-Schwämme oder eine arabische Duschseife in Flüssigform kaufen, die auf Arabisch Brautseife heißt, weil sie traditionell von der Braut vor der Hochzeit zum Duschen benutzt wird. Es kommen aber auch viele Jugendliche, die Designerdüfte haben wollen und sich das Original nicht leisten können. »Die Pichelsdorfer Straße ist quasi der perfekte Standort für meinen Laden«, sagt er lächelnd. »Die Menschen haben hier nicht so viel Geld.« Bei Neukunden macht er zuerst ein Beratungsgespräch, in dem er sie nach Charaktereigenschaften und persönlichen Vorlieben, Wünschen und Vorstellungen befragt und ihnen ein paar Essenzen zum Riechen gibt, um ihnen anschließend im Ausschlussverfahren einen auf sie zugeschnittenen Duft zusammenzustellen. »Über das Riechen kommen die Menschen oft ins Erzählen«, sagt Aziz. »Gerüche sind immer sehr erinnerungsbehaftet und lösen oft unterbewusst Gefühle aus. Deswegen mögen die Kunden oft einen Duft lieber, wenn man ihnen nicht sagt, wie er heißt.«
Oft lassen sich seine Kunden einen eigenen Duft mischen. Es gibt aber auch Kunden mit außergewöhnlicheren Wünschen. »Das Speziellste bislang war eine Frau, die eine aus der Drüse von Perserkatzen gewonnene Essenz in Reinform wollte, um sie wegen ihrer geburtserleichternden Wirkung in eine Suppe zu geben.«
Aziz redet mit großer Leidenschaft über seinen Beruf und ist ein guter Erzähler. »Meine Kunden kaufen 80 Prozent Geschichte und 20 Prozent Duft.« Sobald er mehr Kapital hat, möchte er den Laden noch traditioneller einrichten: mit typischen arabischen Stoffverkleidungen an den Wänden und einer gemütlichen Sitzecke für die Beratungsgespräche. »Ich habe mit 80 Essenzen auf zwei Regalen begonnen. Mittlerweile sind es 400 und ich habe das meiste im Lager. Bald muss ich auch neue Regale bauen.«
Eva-Lena Lörzer, Wilhelmstädter Magazin Nr. 4, September/ Oktober 2016
Le Parfum, Pichelsdorfer Str. 146, 13595 Berlin, Tel. 030.85 76 36 07
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