Gekommen, um zu bleiben

Seit mehr als 30 Jahren gibt es die Weinhandlung Berndt am Metzer Platz

Letztes Jahr überfiel Ulrike Trump-Berndt plötzlich leichte Panik. Mit ihrem Mann Friedrich-Karl Berndt konnte sie das 30-jährige Jubiläum ihres Weinladens am Metzer Platz feiern. Aber ist das gut, 30 Jahre lang dasselbe zu tun? »Andere kommen ja mit ellenlangen Lebensläufen, haben dies und das getan, so vieles ausprobiert. Da kommt man sich schon manchmal ein bisschen seltsam vor«, sagt Ulrike Trump-Berndt in ihrem schönen, pfälzisch geprägtem Dialekt.

Für die Wilhelmstadt ist diese Kontinuität jedoch ein großer Gewinn: Denn die Weinhandlung am Metzer Platz ist ein echtes Kleinod. Schon das sorgfältig dekorierte Schaufenster zeugt vom ausgeprägten Geschmack des Händlerpaars, und wer den kleinen Laden betritt, spürt sofort, dass  man hier mit viel Liebe, Wissen und Wertschätzung am Werk ist. Zwei kleine gemütliche Räume voller Regale mit sorgsam gestapelten Weinen, abgeschliffene Türen, ein wunderschöner alter Schrank. Gläser, Zubehör für Kunden, die selbst keltern wollen. Und die 100 Jahre alte Registrierkasse. »Funktioniert immer noch. So lange hält kein Computer«, sagt Friedrich-Karl Berndt verschmitzt. Nur EC Karten nimmt die alte Dame nicht an.

1981 kam das Paar nach Berlin. Beide hatten in der Gastronomie gelernt, das liegt in der Familie. Die Eltern der Pfälzerin haben ein Weingut, die Eltern des Franken eine Wirtschaft in Würzburg. Nach Westberlin kamen sie, weil Friedrich Karl Berndt eine Stelle hier gefunden hatte und außerdem die Wehrpflicht nicht mochte, Westberlin war wehrpflichtfrei. Ulrike Trump-Berndt  fand nicht gleich eine Arbeit, die ihr gefiel – dafür aber eine Anzeige im Stadtteilmagazin TIP: »Weinladen zu verkaufen«. Das war der Start. Und bald führte das Paar gemeinsam den Laden.

Sensibilität für ihr Umfeld

Ihnen liegt viel daran, auch etwas für das Gebiet zu tun. Sie nehmen genau wahr, wie sich ihr Umfeld verändert. Vor fünf, sechs Jahren hatten sie schon mal überlegt, mit dem Geschäft umzuziehen. Sie hatten damals das Gefühl, das Gebiet kippe um. Auch gab es immer weniger Laufkundschaft.

»Wir haben dann nach neuen Räumen geschaut, aber es war schwierig. Und zu den Spandau Arcaden passten wir einfach nicht. Dafür sind wir wohl zu eigenwillig.« Gewerberäume an der Rolltreppe hatte man ihnen angeboten. Der gemütliche, bodenständige Laden wäre aber in einer so durchkonfektionierten Shopping-Mall in der Tat wohl nur schwer vorstellbar. So entschlossen sie sich, am Metzer Platz zu bleiben, und entwickelten ihr Geschäftskonzept weiter: Teilnahme an vielen Weinmessen, Ausbau des Internet- und Großhandels, Handel mit Zubehör zum Keltern. Damit erreichen sie nun auch überregional viele Kunden. Inzwischen hält Berndt selbst Vorträge bei der Industrie- und Handelskammer, um anderen Gewerbetreibenden solche Geschäftskonzepte zu vermitteln.
Was jedoch die Weinhandlung der Berndts so besonders macht, ist deren Persönlichkeit, die humorvolle, warme und aufmerksame Art, mit der sie ihren Kunden begegnen.

Ihre Weine sind von guter Qualität, und die kann es nun mal nicht zum Discounterpreis geben – dazu stehen beide, weil sie wissen, wie viel Arbeit und Sorgfalt dazu gehört. »Inzwischen entdecken ja viele das etwas hochwertigere Kochen wieder, auch zu besonderen Gelegenheiten«, sagt Ulrike Trump-Berndt, »und dazu passt eben kein Billigwein.« Ihr Mann erzählt: »Wir haben zum Beispiel einen Kunden, der leistet sich einmal im Monat eine gute Flasche Wein – dafür spart er dann aber auch den ganzen Monat. Diese Wertschätzung ist schön.«

»Eine Sache geht immer«

Ihnen geht es nicht darum, dass hier nur noch wohlhabende Leute wohnen. Denn dann könnte (und das wissen sie) die Gegend schnell in die andere Richtung kippen: rasant steigende Mieten und damit wiederum eine Monokultur, die sie nicht möchten. Aber sie wünschen sich mehr Balance für das Gebiet. Problematisch finden sie nicht nur Verwahrlosung, sondern auch die Vermietung von Gewerberäumen an »geschlossene Gesellschaften«, Vereinslokale, deren verhängte Schaufenster abschreckend wirken. »Ich komme vom Dorf und bin ja gerade wegen der offenen Gesellschaft nach Berlin gezogen«, sagt Ulrike Trump-Berndt. Dennoch lieben beide das Viertel – wegen seiner Vielfalt und auch des vielen Grüns – und engagieren sich seit vielen Jahren dafür, ob mit der Gründung einer ElternInitiativKita oder in einem früheren Stadtteilverein. Von Anfang an arbeitet Friedrich-Karl Berndt bei der jetzigen Stadtteilvertretung mit. Das war manchmal etwas anstrengend.

Ab und an hat ihn seine Frau gefragt, ob er sich den zusätzlichen Zeitaufwand wirklich weiter antun will. »Ach«, sagt dann ihr Mann gelassen, »man muss nicht fünf Sachen gleichzeitig nebenbei machen. Aber eine Sache geht immer!«

Ulrike Steglich – Wilhelmstädter Magazin Nr. 1, Februar/März 2013

 

Wein und Weinbedarf, Metzer Straße 2, Tel.: 332 43 50, www.weinladen-spandau.de
Öffnungszeiten: Mo – Mi: 10 – 18.30 Uhr; Do – Fr: 10 – 20 Uhr, Sa: 9.00 – 14.00 Uhr

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