Ein heißer Laden

Zu Besuch in einem traditionellen Reinigungsunternehmen

Markus Budzyn und seine Frau Carina Kleineidam führen die Reinigung »Sauberland« in der Adamstraße 17. Das Familienunternehmen besteht seit 50 Jahren und ist eines der ältesten Gewerbe in der Wilhelmstadt.

Es ist der bisher heißeste Tag des Jahres, das Thermometer zeigt 35 Grad an, gefühlt sind es wesentlich mehr. Die Klimaanlage in den Bussen funktioniert nicht mehr, die Klamotten kleben an den S-Bahn-Sitzen und jeder Schritt über die Straße ist unendlich anstrengend. Heißer kann es eigentlich nicht mehr werden. Denkt man.

Beim Betreten der Reinigung »Sauberland« strömt feuchtheiße Luft entgegen. Inhaber Markus Budzyn erscheint am Tresen. Schweißtropfen laufen ihm über die Stirn. »Richtig heiße Läden wie diesen gibt es kaum noch«, erklärt er. »Meistens sind Reinigungen lauwarme oder kalte Läden, das heißt es sind reine Annahmestellen, wo Kleider abgegeben werden, aber nicht mehr – oder nur noch zum Teil – vor Ort gereinigt werden. Wenn es die Kunden mal sehr eilig haben, dann können sie bei uns ihre gereinigte Wäsche noch am gleichen Tag abholen. Die kalten Läden können da nicht mithalten.« Der Chef ist wortgewandt und witzig. Die meisten Menschen können bei diesen Temperaturen nicht mal mehr denken.

»Der erste Laden war gegenüber vom Stadtteilladen, wo früher das alte Polizeirevier war, später waren wir auf der Pichelsdorfer Straße, dann sind wir zurück in die Adamstraße gezogen. Mein Patenonkel hat den Laden von meinem Vater übernommen. Als der Patenonkel in Ruhestand ging, war ich dran.« Auf die Frage, wie man die Hitze an solchen Tagen aushält, antwortet Markus Budzyn zunächst mit einem Lachen. »Gehen Sie mal nach hinten zu meiner Frau, dort ist es richtig gemütlich.«

Carina Kleineidam steht an der Hemdenpuppe und stülpt ein Hemd auf. Mit Knopfdruck wird heiße Luft in das Hemd geblasen, es bläht sich auf wie ein Blasebalg, ein zischendes Geräusch erfüllt den Raum. 48 Grad Celsius hat Carina Kleineidam hier schon gemessen. An diesem Tag sind es kaum weniger. »Wenn man darauf eingestellt ist, dann kann man das schon aushalten.« Zuerst kommt das nasse Hemd in die Kragen- und Manschettenpresse, dann an die Hemdenpuppe, zum Schluss wird mit der Hand nachgebügelt. 100–120 Hemden trocknet und bügelt sie auf diese Weise in einer Arbeitsschicht. Das hört sich unendlich anstrengend an und man fragt sich, wie es möglich ist, bei diesem Job noch so gut auszusehen. Bevor Carina Kleineidam mit ihrem Mann die Reinigung übernahm, hat die Mutter von zwei erwachsenen Kindern als Erzieherin gearbeitet. »Die Selbstständigkeit eröffnete mir viele Möglichkeiten«, sagt sie. Besonders die freie Zeiteinteilung gefalle ihr sehr.

Das gute Betriebsklima ist greifbar, trotz des Lärms und der unerträglichen Temperaturen. Die 7 angestellten Mitarbeiterinnen sind schon lange dabei, einige schon über 20 Jahre. Das Ehepaar arbeitet Hand in Hand und lässt sich immer neue Serviceleistungen einfallen. Zum Beispiel in einem weiteren Geschäftszweig, der Baumpflege. »Sauberes Land bedeutet auch saubere Grünanlagen«, sagt Markus Budzyn mit einem Augenzwinkern. Er lichtet Bäume aus, schneidet Hecken und bildet sich gerade zum zertifizierten Baumkontrolleur weiter. »Diesen Geschäftszweig habe ich mir überlegt, weil ich unbedingt eine Kettensäge besitzen wollte. Die Arbeit macht mir richtig Spaß.«

Auch in der Reinigung sucht das Ehepaar ständig nach neuen Ideen. Gerade nimmt Markus Budzyn an einem Schaufensterworkshop teil, der vom Geschäftsstraßenmanagment organisiert wird, seit 2010 bietet der Betrieb auch einen Lieferservice an. »In der Wilhelmstadt leben viele ältere Menschen« erklärt Beate Hunpa, eine langjährige Mitarbeiterin. »Die meisten fahren kein Auto, sondern Bus. Die Wäsche zu transportieren ist sehr mühsam, deshalb holen wir sie ab.« Heute hat Beate Hunpa die Gardinen einer Kundin abgenommen und sie in die Reinigung gebracht. Später wird sie die Vorhänge zurück bringen und wieder aufhängen. »Diese Dienstleistung wissen die Menschen wirklich zu schätzen.«

»Uns ist die persönliche Kundenbindung sehr wichtig«, sagt Carina Kleineidam. Wenn sie die Hemden aus der Wäsche holt, weiß sie meistens, wem welches Hemd gehört. Ein bisschen wie die Mutter einer vielköpfigen Familie, die jede Socke zuordnen kann. »Wir bieten eine hohe Qualität und einen umfangreichen Service«, sagt sie. »Das bedeutet natürlich einen sehr hohen Aufwand, doch unterm Strich zahlt sich die Mühe aus. Die Kunden danken es uns mit ihrer Treue.«

Nathalie Dimmer – Wilhelmstädter Magazin Nr. 3, Juni/Juli 2014

 

Sauberland, Adamstraße 17, Tel.: 030-362 15 13, www.sauberland-spandau.de
Öffnungszeiten: Mo – Fr: 8.30 – 20 Uhr, Sa: 8.30 – 16 Uhr

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