An den richtigen Stellen Kraft aufbauen

Mal am Hydraulik Trainer, mal mit Chi Gong, mal durch Entspannung

Durch die matte Glasfassade des Vip’ n’ Fit Studio in der Pichelsdorfer Straße 31 dringt spätes Sonnenlicht. Auf einer lila Turnmatte sitzt eine junge Frau im rosa Trikot einer anderen Frau im T-Shirt gegenüber, die mit beiden Füssen langsam ein Gewicht anhebt. Hier und da recken Fitness-Geräte ihre Hebel und Pedale in den Raum. Die Musik ist leise. Und mitten drin bewegt sich Hanno Eckmann in weißer Sportkleidung, der das Vip’ n’ Fit gemeinsam mit seiner Frau Rosi ins Leben gerufen hat.

»Ich wohne seit 1997 in der Wilhelmstadt«, sagt Hanno Eckmann. »Dieses Studio haben wir gegründet, um ein persönliches Fitnessangebot für eine Klientel zu offerieren, das in großen Fitnessclubs oft unter die Räder gerät.« Die Frau im T-Shirt legt nun das Gewicht beiseite, atmet ein paar Mal tief ein und aus und hebt dann im Rhythmus die gestreckten Beine. Die Jüngere macht mit, beide lachen, als die Ältere für einen Moment die Balance verliert, und dann springen beide auf und schlenkern mit Armen und Beinen. »Etwa 90 Prozent unserer Kunden sind Frauen«, sagt Eckmann. »Vor allem kommen Frauen, die sich in der zweiten Lebenshälfte befinden, die jahrelang für das Wohlergehen anderer gesorgt haben und plötzlich merken, dass ihr eigenes Wohl auf der Strecke geblieben ist.«Meist hätten sie wenig Erfahrung mit Trainingsprogrammen, manche kämpften mit Gewichtspoblemen und fast alle hätten eine hohe Motivation, an sich zu arbeiten. »Diese Frauen brauchen weder Abzocke in teuren Muckibuden noch Wunderdiäten. Nötig haben sie dagegen gezielte gesundheitliche Übungen, Spaß, Bewegung – und vor allem eins: nämlich Zutrauen, um Selbstbewusstsein aufzubauen.

«Davon ausgehend haben Rosi und Hanno Eckmann ihr Konzept entwickelt: VIP – Very Important Persons nennen sie die Mitglieder des Vip’n’Fit Clubs. Gemeint ist, dass die Damen im Mittelpunkt stehen und mit ihren Trainern gemeinsam ein Programm entwickeln, dessen verschiedenste Komponenten ihren Bedürfnissen entsprechen. Dabei können Übungen an hydraulischen Geräten eine Rolle spielen, Gymnastik, medizinisches Herz-Kreislauftraining, Massagen oder Ernährungsberatung. Das Ganze kann mit Tai Chi oder Chi Gong kombiniert werden, und manchmal geht es nur ums Entspannen und Reden – oder darum, gemeinsam zu lachen. »Das Lachen ist eine unserer wichtigsten Bauchmuskelübungen«, sagt Eckmann. Durch die verschiedenen Techniken – vom Pilates-Ganzkörpertrainig bis hin zum Schwingen des Tanzbeins nach Latino-Rythmen – lernten die Frauen neue und für sie überraschende Bewegungsarten kennen. Das könne Türen öffnen und unerschlossene Kräfte wecken. Und weil das Vip’n’Fit als zertifizierte Sportstätte des Vereins »Menschen in Bewegung e.V.« von allen Krankenkassen anerkannt wird, ist es auch für weniger finanzkräftige Damen möglich, sich persönliche Fitness als Rehasport zu leisten. Denn Rehasport und physiotherapeutisches Funktionstraining können Ärzte verschreiben.

Während die Tür aufgeht und ein Mädchen mit einem dicken Sportbeutel über dem Arm den Raum betritt, erklärt Eckmann, der ausgebildeter Ernährungsberater, Physiotherapeut und Personal Trainer ist, dass er keineswegs allein »den Laden schmeißt«. »Wir sind ein Team, von dem die Vielfalt des Ansatzes lebt. Dazu gehören neun Trainer und Lehrer.« Auch sind es nicht nur Damen mit 40 Plus, an die sich die Angebote von Vip’n’Fit richten. An zwei Abenden pro Woche gibt es ein Programm speziell für Männer. Und auch jüngere Frauen kommen gern: Das Mädchen mit dem Sportbeutel wirft mit Schwung ihre Jacke über einen Stuhl, wird am Empfangstresen mit Namen begrüßt und erzählt erst mal von ihrem Tag, bevor sie ein Laufband in Gang setzt. Eckmann macht derweilen allen Damen und sich selbst einen Yogi-Tee.

Als wir gemeinsam trinken, weist er auf die Tür, die noch offen steht. Man hört den Verkehr und den Wind in den Bäumen. »Schau«, sagt er. »Das ist die Pichelsdorfer Straße. Hier ist es laut. Aber da hinten, hinter den Bäumen, beginnt schon der Grimnitzsee. Manchmal denke ich, das hier könnte einer der schönsten Bezirke von Berlin sein. Man bräuchte da gar nicht zu einem alten Glanz zurück. Eigentlich ist alles schon da. Man müsste es einfach nur sehen.« Die Wilhelmstadt habe mit dem Havelufer so viel Wasser und Grün wie kaum ein anderer Bezirk. »Nur sind die Wege dorthin abgeschnitten. Man müsste sie freilegen.« Mit der Wilhelmstadt ist es wie mit den VIPs und dem Fitnesstraining: Sie müsste entdecken, was in ihr steckt. Dann habe man zwar noch nicht gewonnen. Aber man könnte anfangen, an den richtigen Stellen Kraft aufzubauen.

Tina Veihelmann – Wilhelmstädter Magazin Nr. 3, Juni/Juli 2013

 

Vip`n´fit Frauenfitness und Gesundheits-Coaching, Pichelsdorfer Straße 31,
Tel.: 51 64 87 42, www.vipnfit.de
Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr: 9-14 Uhr & 16-20 Uhr; Mi: 9-13 Uhr & 16-20 Uhr; Sa: 9-12 h

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